Dopingmentalität der Gesellschaft

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Dopingmentalität wird meist schon früh gelernt. Schon kleine Kinder bekommen von ihren Eltern vorgezeigt, dass sie bei Prüfungsangst, Verkühlung oder Unkonzentriertheit nur schnell das richtige Medikament einwerfen müssen, damit die gewünschte Leistung erbracht wird und sie in der Gesellschaft funktionieren. Der Glaube an die uneingeschränkte Wirksamkeit von Medikamenten geht mittlerweile soweit, dass Aufputschmittel, Antidepressiva, bewusstseinsverändernde Drogen, Schlafmittel, Erektionshilfen und Schlankheitspillen beinahe bedenkenlos eingenommen werden (dürfen). Oftmals ohne Rezept und Diagnose eines Arztes.

Ziel ist die Beseitigung unerwünschter Körperzustände oder Bedürfnisse, um fit für die Anstrengungen des Lebens zu sein. Diese Entwicklung zieht sich quer durch alle Gesellschafts- und Altersschichten. Die sogenannten Lifestyle-Medikamente verhelfen den Erzeugern mittlerweile zu einem jährlichen Umsatz von mehreren Milliarden Euro, Tendenz steigend.

Nicht nur im Sport wird "gedopt"

Der Sport ist einer der weinigen Teilbereiche der Gesellschaft, wo Medikamentenmissbrauch ausdrücklich verboten ist. Die vielzitierten Manager oder Künstler haben keine derartigen Bestimmungen. Der Versuch der Leistungssteigerung oder Leistungserhaltung mit Medikamenten und Substanzen ist sicherlich kein sportinternes Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches, wie auch eine Studie im Auftrag des deutschen Apothekerverbandes zeigt:

  • drei von fünf Eltern verabreichen ihrem Kind pro Monat mindestens ein Medikament
  • 19 % der Kinder erhalten vorbeugende Präparate (Vitamine, Nahrungsergänzungsmittel, etc.)
  • 43 % der Eltern verabreichen Arzneimittel an ihre Kinder, ohne vorher einen Arzt konsultiert zu haben.

(Studie: Brand & Follmer, 2009)

Der deutsche Gesundheitsreport 2009 berichtet, dass für etwa 25% der Verordnungen von Psychopharmaka keine adäquate Diagnose vorlag. (Quelle: DAK Gesundheitsreport, 2009)

"Gehirndoping"

"Das den Geist anregende Medikament "Ritalin" erfreut sich in Wissenschaftlerkreisen großer Beliebtheit. Das zeigt eine Online-Umfrage der Fachzeitschrift "Nature", an der sich 1.400 Forscher aus 60 Ländern beteiligt haben. Ihr zufolge betreibt ein Fünftel regelrechtes "Gehirndoping". (Quelle: science.orf.at, 9.4.08)

Zwischen drei und zehn Prozent der Studenten [USA] sollen Gehirn-Doping betreiben, auch "Neuro Enhancement" genannt. Dabei kommen Medikamente wie Ritalin, Modafinil oder Betablocker zum Einsatz. (Quelle: Memorandum Neuro-Enhancement, Gehirn & Geist, 11/2009)

"Einstiegsdroge"

Als Einstieg in eine "Dopingkarriere" nennen viele erwischte Dopingsünder die anfangs als harmlos betrachtete Einnahme von legalen Nahrungsergänzungsmittel, etwa Kreatin. Nach Schätzungen von Professor Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln nehmen zwischen 70 und 80 Prozent der Athleten in Schnellkraftsportarten Kreatin.

In einer Umfrage am Cornell Medical College New York wurden 1103 Schüler aus ihrer Metropole vor deren jährlicher Abschlussprüfung im Sport befragt. 62 Schüler (5,6 Prozent) gaben an, Kreatin zu konsumieren (darunter auch Zehnjährige), bei den 18jährigen waren es sogar 44 Prozent. Unter den männlichen Schülern (8,8 Prozent) war der Konsum von Kreatin verbreiteter als bei den Schülerinnen (1,8 Prozent). (Quelle: Pediatrics 108, 2001, 421)